Kreuzfahrt-Proteste bei den Harbour Games in Hamburg

Am Samstag (23.6.) fanden in Hamburg die Harbour Games 2018 statt. Etwa 165 Teilnehmende fuhren bei bestem Hamburger Regenwetter mit Fahrrädern rund 40 km durch den Hamburger Hafen zu verschiedenen Aktions-Stationen. Ziel war es auf die Schattenseiten des Hamburger Hafens aufmerksam zu machen – auf Ausbeutung, Umweltzerstörung und soziale Ungerechtigkeiten. So gab es Beiträge zur Futtermittelindustrie bei Cargill, zu Atomtransporten bei C. Steinweg, zu Rüstungsindustrie bei Blohm & Voss und der Bundeswehr und zu Arbeitsbedingungen im Hamburger Hafen am Containerterminal Altenwerder sowie Protest im Kohlehafen und am Kohlekraftwerk Moorburg. In die ganze Auflistung passte auch unser Protest gegen Kreuzfahrtschiffe.

Am noch nicht lange in Betrieb genommenen Kreuzfahrtterminal Steinwerder thematisierten wir in einem Redebeitrag billigen Urlaub auf Kosten von miesen Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörungen. Damit einher gehen Ausbeutung von Menschen aus dem globalen Süden durch Menschen aus dem globalen Norden. Das Terminal-Gelände wurde kurzzeitig von Aktivist_innen begangen, die an Angestellte und Passagier_innen Flyer über die negativen Folgen der Kreuzschifffahrt verteilten. Aus Angst vor Protest hatte das Terminal selbst die Türen verriegelt und die Busse mit Passagier_innen erst nach Ende der Kundgebung dort zurück zum Terminal gefahren. Schon das zeigt, wie wirksam Protest an der richtigen Stelle sein kann.

Bei einer Reportage von Graswurzel-TV wurde auch eine Aktivistin der Initiative gegen Kreuzfahrt interviewt.

Hier der vollständige Redebeitrag:

Hallo,

ich bin von der Turbo-Klima-Kampf-Gruppe aus Kiel. Seit anderthalb Jahren beschäftigen wir uns jetzt mit dem Klima-Thema vor unser Haustür: Mit Kreuzfahrtschiffen!

In Kiel ist gerade Kieler Woche, da legt ein rauchender Pott nach dem anderen an. Auch in Hamburg gibt es jährlich mehr als 200 Anläufe von Kreuzfahrtschiffen – fast 900.000 Passagiere sollen es dieses Jahr werden – jedes Jahr mehr und immer wieder noch ein neues Terminal – wie dieses Terminal hier in Steinwerder, mitten im Hamburger Industriehafen.

Kreuzfahrten zu machen ist „in“, die Schiffe werden immer größer, der Traumurlaub immer billiger. Traumurlaub? Für wen? Die Service-Kräfte unter Deck, welche Kabinen putzen oder Tische abwischen, bekommen einen Stundenlohn von 2,40 Euro bei Arbeitszeiten von 72 Stunden die Woche und ständigem Druck aus der Schiffshierarchie. Alles in der Hoffnung, dass wenigstens die Familien – die sie 9 Monate später wieder sehen – ein besseres Leben haben.

Wer glaubt Kolonialismus wäre vorbei muss sich nur mal ansehen, woher die Menschen kommen, die diese Jobs machen: Von den Philippinen, aus Indonesien – aus dem globalen Norden werden nicht nur Ressourcen sondern auch Arbeitskräfte aus dem globalen Süden ausgebeutet.

Von den Befürwortenden der Kreuzfahrt wird behauptet, dass sie die lokale Wirtschaft unterstütze und Geld in Zielregionen bringe. Das ist anderswo genauso falsch wie in Hamburg. Konsumiert wird an Bord, manchmal all-inclusive, oft gibt es organisierte Landausflüge – das Geld bleibt bei den Kreuzfahrtkonzernen. Eine Studie der Universtität Bergen hat herausgefunden, dass bei keiner anderen Art Urlaub zu machen so wenig Geld im Land bleibt, wie wenn Menschen auf Kreuzfahrtschiffen kommen. Trotzdem wird die Kreuzfahrt gefördert und subventioniert – die Stadt Hamburg hat das Geld für dieses Terminal vorgestreckt und soll die Anbindung an den öffentlichen Verkehr organisieren. Dabei wurde im letzten Jahr öffentlich, dass die Kreuzfahrt-Passagiere im Gegensatz zu allen anderen Tourist*innen in Hamburg keine Tourismus-Abgabe bezahlen. International sieht das ähnlich aus: Auf den Kanaren führt auch die Kreuzfahrtschifffahrt dazu, dass die lokale Bevölkerung keine Arbeitsplätze mehr findet, in Venedig werden die Fundamente der Stadt zerstört und an den Südsee-Inseln die Korallenriffe.

Alles schon genug Gründe, um Kreuzfahrtschiffe abzulehnen, aber jetzt zum etwas mehr diskutiereten Thema: Wie die meisten Schiffe fahren Kreuzfahrtschiffe mit ziemlich dreckigem Treibstoff. Wenn sie mit Diesel fahren ist das noch positiv. Auf offener See wird fast immer Schweröl verwendet, ein Abfallstoff aus der Benzinproduktion. Dabei stößt ein Schiff täglich 376 Mio mal soviel Schwefel aus wie ein Auto, etliches an Feinstaub und C02. Selbst auf der Ostsee, wo es mittlerweile Grenzwerte für Schiffe gibt, liegen die noch 100mal so hoch wie bei Autos.

Mit den Schadstoffen wird nicht nur der Klimawandel beschleunigt. Die Luftverschmutzung führt auch direkt zu Krebs und Atemwegserkrankungen. Wenn Hamburg also das Feinstaubproblem in den Griff bekommen will und nicht nur mehr Feinstaub durch Umleitung von Autos in der Stadt haben will, führt kein Weg dran vorbei auch am Hafen anzusetzen.

Kreuzfahrtschiffe sind ein guter Ansatzpunkt, weil sie hochgradig von ihrem Image abhängig sind. Deshalb lasst uns jetzt die Passagiere informieren!

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